Zytopathologie
Die ZYTOPATHOLOGIE ist eine mikroskopische Methode zur Beurteilung von einzelnen aus dem Gewebeverband herausgelösten Zellen oder kleinen Zellkomplexen. Ähnlich der Entnahme einer Biopsie für die Histopathologie entnimmt der Kliniker zu diagnostischen Zwecken gezielt aus bestimmten Körperregionen oder Organen zellhaltiges Material, das dann durch verschiedene Techniken auf einen Glasobjektträger überführt, gefärbt und anschließend vom Pathologen unter dem Mikroskop begutachtet wird.
Im Vergleich zur Biopsie von Gewebeproben ist die Gewinnung von zytologischem Untersuchungsmaterial jedoch für den Patienten meist weniger invasiv, überwiegend schmerzfrei und somit weniger belastend. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist der deutlich geringere technische Aufwand der Probenverarbeitung und die damit verbundene Ersparnis von Zeit und Kosten, sodass es sich hierbei um ein sehr effektives diagnostisches Verfahren handelt.
Die Zytopathologie wird hauptsächlich zur Diagnostik, aber auch Vor- und Nachsorge von Tumorerkrankungen eingesetzt und bietet sich für ein breites Spektrum an Körperregionen und Organen an. Je nach Art der Gewinnung des Zellmaterials wird zwischen Exfoliativzytologie und Aspirationszytologie unterschieden. Da die Entnahme eines Abstriches vom Muttermund als Screeningmethode zur Früherkennung des Gebärmutterhalskrebses das verbreitetste zytologische Verfahren überhaupt ist, erfolgt häufig auch die Abgrenzung der gynäkologischen von der nicht-gynäkologische Zytologie.
Unter Exfoliativzytologie versteht man die mikroskopische Untersuchung von Zellen, welche von äußeren oder inneren Körperoberflächen stammen. Die Zellen gelangen entweder durch spontane Abschilferung in zu untersuchende Körperflüssigkeiten (z.B. Pleura- oder Gelenkergüsse, Aszites, Urin, Liquor, Lavage- oder Zystenflüssigkeiten) und werden durch Punktion bzw. Absaugen der Flüssigkeiten gewonnen (Ergusszytologie), oder sie werden mittels Spatel, Watteträger oder verschiedener anatomisch speziell geformter Abstrichbürstchen von der Schleimhautoberfläche abgelöst (Abklatsch- und Abstrichzytologie). Das Abstrichverfahren ist an nahezu allen Schleimhäuten, insbesondere von Bronchialsystem, Mund, Speiseröhre, Magen-Darm-Trakt, Gallengängen und vor allem vom Gebärmutterhals – nach seinem Entdecker, dem Pathologen George Papanicolaou, auch Pap-Test genannt – möglich. Die gewonnenen Zellen werden durch gleichmäßiges Abrollen oder Abstreichen der Instrumente auf einen Glasobjektträger übertragen und so zur zytopathologischen Diagnostik in das Labor übersandt.
Bei der Aspirationszytologie wird das zellhaltige Material durch gezielte Punktion über eine dünne Nadel aus einer bestimmten Körperregion oder einem Herdbefund, das heißt aus einem festen Gewebeverband, durch Ansaugen gewonnen. Beispiele hierfür sind die gezielte Punktion von knotigen, tumorverdächtigen Veränderungen der Schilddrüse, Speicheldrüse oder Lymphknoten.
Auch Knochenmark, welches zur hämatologischen Diagnostik in einem Knochenmarksausstrich beurteilt werden soll, wird über Aspiration gewonnen.
Bürstenabstriche, Feinnadelpunktate sowie Blut- und Knochenmarksaustriche werden luftgetrocknet und in der Regel mit der May-Grünwald/Giemsa-Färbung (sog. Färbung nach Pappenheim) gefärbt. Zur spezifischen Darstellung von Kerneigenschaften und Zytoplasmastrukturen, Muzinen, Pigmenten oder Erregern können nach Fixation des Abstriches in 96%igem Alkohol andere zytochemische Färbungen wie Papanicolaou, Gram, PAS, Alcian-PAS, Berliner Blau oder Ziehl-Neelsen ergänzt werden. Bei Punktionsflüssigkeiten oder Flüssigkeits-Suspensionen werden die enthaltenen Zellen durch Zentrifugation angereichert und das Sediment entweder zu einem Abstrich verarbeitet oder, versetzt mit sog. Zytospin-Flüssigkeit, in einer Zytospin-Zentrifuge auf Glasobjektträger zentrifugiert. Auch hier folgt nach Lufttrocknung eine May-Grünwald/Giemsa-Färbung oder eine alternative Färbung nach Alkohol-Fixierung. Finden sich in Ergussflüssigkeiten Koagel oder Gewebefragmente, werden diese wie histologische Proben nach Formalinfixierung und Paraffineinbettung zu Hämatoxylin-Eosin-gefärbten Schnittpräparaten verarbeitet.
Zytologische Proben sind in gleichem Maße wie histologische Biopsien für molekularpathologische Untersuchungen und damit für die Bestimmung prädiktiver Marker und den Nachweis von Infektionserregern geeignet. Ebenso können am zytologischen Material immunzytochemische Untersuchungen und in-situ-Hybridisierungen als vergleichsweise einfache und zeitsparende Methoden zu diagnostischen und prädiktiven Zwecken eingesetzt werden.
Die technische Bearbeitung zytologischer Präparate dauert nach Eingang des Materials einen Arbeitstag. Alle zytologischen Proben werden durch einen Pathologen des Institutes – unter Berücksichtigung der komplexen Zusammenhänge von Zytologie, Histologie und Molekularpathologie – mikroskopisch beurteilt. Die fachärztlich-diagnostische Bewertung in Form eines schriftlichen Befundes wird, je nach notwendigen zu ergänzenden Untersuchungsmethoden, in einem bis drei Arbeitstagen abgeschlossen.
Die Qualität der zytologischen Probe beeinflusst entscheidend ihre Beurteilbarkeit. Für einen optimalen Zustand der Zellen ist neben einer korrekten Technik der Materialentnahme ein unverzüglicher Transport in das Labor sowie eine korrekte Vorbehandlung bzw. Fixation wichtig. Weitere Informationen zur optimalen Präparation und Asservierung zytologischer Proben finden Sie in unseren Informationen für Einsender.
Um den zytopathologischen Befund im Kontext des klinischen Gesamtbildes, unter dem sich der Patient präsentiert, richtig interpretieren zu können, muss man sich der Grenzen der diagnostischen Aussagekraft der Zytopathologie bewusst sein. Da die Zellen nicht im Gewebeverband vorliegen, wird eine Tumorverdachtsdiagnose auf der Basis von Zellkern- und Zytoplasmaeigenschaften gestellt. Diese Veränderungen sind für bestimmte Tumorarten, z.B. Lungentumoren oder Leukämien so charakteristisch, dass allein durch die zytologische Untersuchung eine zuverlässige Einordnung möglich ist. Für andere Tumorentitäten sind jedoch Kriterien wie die Gesamtarchitektur des Gewebes oder das Invasionsverhalten – Eigenschaften, die in der Zytologie nicht beurteilt werden können – entscheidend für die Diagnose! Aus diesem Grunde kann dann nur der Verdacht auf eine maligne Tumorerkrankung geäußert werden, welcher durch eine histopathologische Untersuchung einer Gewebeprobe bestätigt werden sollte.
Auch können Nach- und Spezialuntersuchungen am zytologischen Material aufgrund der fehlenden Paraffineinbettung nur eingeschränkt durchgeführt werden. Im Gegensatz zur Probenentnahme für die histopathologische Diagnostik ist jedoch eine wiederholte Gewinnung zytologischer Proben aufgrund der geringeren Invasivität meist zeitnah und problemlos möglich - dies macht die Zytopathologie zu einer kosten- und zeiteffizienten Methode in der Tumordiagnostik und -vorsorge.
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